Impressionen von der Schweiz am 23. Januar 2019
Die Schweiz: 8,4 Mio Einwohner, verteilt auf 26 Kantone mit einem von normal arbeitenden Milizbürgern bestückten, 4mal jährlich tagendem Direktorialparlament ohne Opposition mit Bürgerentscheid durch Aktivbürger - ein Benchmark für föderale Systeme
Dr. Frank Liemandt aus München brachte uns in einem sehr unterhaltsamen und kurzweiligen Vortrag dieses kleine, faszinierende, sehr bunte und wirtschaftlich erfolgreiche Völkchen in den Bergen näher. Und dass sie etwas besonderes sind, erkennt man nicht nur an der seit dem 2. Pariser Frieden aus dem Jahr 1815 geltenden "immerwährenden bewaffneten Neutralität" (damit die Bergpässe immer frei passierbar blieben), sondern auch im hohen Vernunftpotential ihrer Bürger, wenn sie beispielsweise per Volksentscheid einen Mindesturlaub ablehnen, den Bau von Minratten stoppen oder dem EWR nicht beitreten wollen.
Die Schweiz zeichnet sich darüber hinaus durch ein hohes Innovationspotential mit großer Produktionstiefe aus. Im Gegensatz zu Deutschland gibt es flächendeckend 5G und in jedem Kaufhaus freies WLAN. Darüber hinaus gibt es aktuell intensive Innovationsparkstrategien in Zürich (interessant für dt. Laborbauer), Lausanne (mit 120 Startups rund um die Drohnenforschung), aber auch in Biel oder Basel um die Themen Live Science, Telemedizin, Automotive, Maschinenbau, Marenco Copter oder diverse ppp-Initiativen - als Ergebnis davon: 3,2% ALQ!
Und natürlich gibt es zwischen der Schweiz und Deutschland kontinuierliche Kontakte, auch wenn das Verhältnis manchmal ein kompliziertes ist. Deutschland ist wichtigster Handelspartner und wird oft als "großer Kanton" angesehen. Lässt man die Schweizer diese vermeintliche Überlegenheit jedoch spüren, muss man mit folgendem Hinweis rechnen: "Wenn wir wie in Deutschland Flughäfen, Autobahnen und Opern bauen würden, dann......"
Trotz dieser nach außen hin wichtigen Harmonie zwischen den 26 Kantonen, gibt es zwischen diesen sehr verschiedenen Regionen sehr verschiedene Regeln. Und somit sind insbesondere die föderale Struktur bei Geschäften zu beachten. Denn es handelt sich hier eher um regional "geschlossene" Märkte, in dem Geschäfte direkt lokal vor Ort oder sogar auf dem Golfplatz getätigt werden - der Schweizer sucht einen Partner! Und wenn sie Geschäfte in Lausanne machen wollen, und eine Firmenandresse in Zürich angeben, kann das negativ aufgefasst werden. Auch sollten sie in der Westschweiz, der Romandie, lieber Englisch als Deutsch sprechen - und im übrigen sind es keine Franzosen! Hingegen im Tessin sollten sie eher Deutsch als Italienisch sprechen.
Zusammenfassend meinte Herr Dr. Liemandt, dass die Schweiz
- ein faszinierendes Land,
- Spitzenreiter in der Wettbewerbsfähigkeit,
- eine EU im Kleinformat ist
- sich durch kulturelle, politische und klimatische Vielfalt auszeichnet
- und deren Berge nicht nur ersteigbar, sondern dank Seilbahnen auch für den Flachlandbewohner "erfahrbar" sind.
Abschließend eine kleine Geschichte, welche die Diversität des Landes aufzeigt:
Ein deutscher, ein italienischer und ein französischer Junge stehen in einem Wald beieinander und rätseln über die Frage, wie denn die Kinder entstünden. Der deutsche Junge meinte, der Storch würde sie bringen, worauf der italienische Junge widersprach und meinte, sie wüchsen auf dem Feld, wie Kohlköpfe. Das sei alles Quatsch sagte daraufhin der französische Junge. Eine Mami und ein Papi würden hierfür gemeinsam in ein Schlafzimmer gehen - allerdings wüsste er auch nicht, was dann weiter passiere. Als kurz darauf ein kleiner schweizer Junge aus dem Gebüsch stolperte fragten die Drei ihn, ob er denn wüßte, wie die Kinder entstehen und was Mami und Papi da im Schlafzimmer so machen würde. Nach einer kurzen Bedenkzeit antwortete der schweizer Junge: "Das ist von Kanton zu Kanton verschieden!"